Theaterstück für den Gottesdienst am 15.05.2011 Kleider machen Leute ist eine Novelle des Schweizer Dichters Gottfried Keller. Erstmals 1874 im zweiten Band der Novellensammlung Die Leute von Seldwyla erschienen, gehört sie zu den bekanntesten Erzählungen der deutschsprachigen Literatur, diente als Vorlage für Filme und Opern und gilt als Musterbeispiel für die Stilrichtung des poetischen Realismus. Die Geschichte handelt von dem Schneidergesellen Wenzel Strapinski, der sich trotz Armut gut kleidet. Er gelangt in eine fremde Stadt und wird dort wegen seines Äußeren für einen polnischen Grafen gehalten. Nachdem er aus Schüchternheit versäumt hat, die Verwechslung aufzuklären, versucht er zu fliehen. Doch da betritt eine junge Dame, Tochter eines angesehenen Bürgers, den Schauplatz. Die beiden verlieben sich ineinander, worauf der Schneider die ihm aufgedrängte Grafenrolle weiterspielt. Ein verschmähter Nebenbuhler sorgt dafür, dass der vermeintliche Hochstapler entlarvt wird. Auf der Verlobungsfeier kommt es zum Skandal. Strapinski flieht, seine Braut aber findet ihn, rettet ihn vor dem Erfrieren und stellt ihn zur Rede. Als sie sich davon überzeugt hat, dass seine Liebe echt ist, bekennt sie sich zu ihm und setzt die Heirat durch. Der Schneider gründet mit ihrem Vermögen ein Atelier und bringt es zu Wohlstand und Ansehen, womit das Sprichwort „Kleider machen Leute" sich bewährt. Vom Schneider zum Grafen Ein Seldwyler Schneidermeister ist wegen drohenden Bankrotts seinem Gesellen den Lohn schuldig geblieben. Dieser, ein Schlesier, wandert bei unfreundlichem Novemberwetter ohne einen Pfennig in der Tasche auf der Landstraße ins Nachbarstädtchen Goldach. Da er mit Radmantel, Pelzmütze, langen Locken und gepflegtem Schnurrbärtchen edel und romantisch wirkt und obendrein schüchtern ist, kann er sich nicht nach Handwerksburschenart ein Frühstück erbetteln, sodass „er der Märtyrer seines Mantels war und Hunger litt, so schwarz wie des letzteren Sammetfutter".[1] Als es auf halbem Weg zu regnen beginnt, lässt der Kutscher eines leeren Reisewagens den sichtlich erschöpften Fußgänger einsteigen. Das stattliche Gefährt erregt bei der Ankunft in Goldach Aufsehen. Kaum hat es vor dem Gasthof „zur Waage", dem besten der Stadt, angehalten, ist es schon von staunendem Volk und dienstfertigem Personal umringt, und der aussteigende Strapinski, „blaß und schön und schwermütig zur Erde blickend", erscheint den Leuten wie ein geheimnisvoller Prinz oder Grafensohn. Das Spalier zu durchbrechen und seiner Wege zu gehen, fehlt ihm der Mut. So findet er sich wenig später im Speisesaal wieder, wo man sich nach seinen Befehlen erkundigt. Um Ehre für seinen Gasthof einzulegen, lässt der Wirt vom Besten auftragen, was Küche und Keller bieten. Wenzel, in größter Verlegenheit, isst und trinkt nur zimperlich, was ihm sogleich als besondere Vornehmheit ausgelegt wird. Endlich überwältigt ihn der Duft einer leckeren Pastete: „Nun wäre ich ein Tor", sagt er sich, „wenn ich die kommende Schande und Verfolgung ertragen wollte, ohne mich dafür satt gegessen zu haben", und langt kräftig zu. Aber auch darin erkennt der Wirt ein Zeichen höherer Lebensart und meint zur Köchin: „Es sieht sich zwar nicht ganz elegant an, aber so hab ich, als ich zu meiner Ausbildung reiste, nur Generäle und Kapitelsherrn [hohe Geistliche] essen sehen!" „Wenn ein Fürst Land und Leute nimmt; wenn ein Priester die Lehre seiner Kirche ohne Überzeugung vertritt, aber die Güter seiner Pfründe mit Würde verzehrt; wenn ein dünkelvoller Lehrer die Ehren und Vorteile eines hohen Lehramtes inne hat und genießt, ohne von der Höhe seiner Wissenschaft den mindesten Begriff zu haben und derselben auch nur den kleinsten Vorschub zu leisten; wenn ein Künstler ohne Tugend, mit leichtfertigem Tun und leerer Gaukelei sich in Mode bringt und Brot und Ruhm der wahren Arbeit vorwegstiehlt; oder wenn ein Schwindler, der einen großen Kaufmannsnamen ererbt oder erschlichen hat, durch seine Torheiten und Gewissenlosigkeiten Tausende um ihre Ersparnisse und Notpfennige bringt, so weinen alle diese nicht über sich, sondern erfreuen sich ihres Wohlseins und bleiben nicht einen Abend ohne aufheiternde Gesellschaft und gute Freunde. Unser Schneider aber weinte bitterlich über sich... "